Die Macht des Nocebo-Effekts: Wenn Hypnose in der Zahnchirurgie versagt

In dieser Studie geht es um einen besonders faszinierenden Fall in der Zahnmedizin, bei dem ein Patient, der als sehr hypnotisierbar galt, einer Zahnoperation unterzogen werden sollte – genauer gesagt der Entfernung eines Weisheitszahns. Anstatt traditionelle Anästhesiemethoden zu verwenden, setzte das medizinische Team auf Hypnose als alleinige Betäubungsmethode. Der Patient hatte zuvor positive Erfahrungen mit Hypnose bei zahnärztlichen Eingriffen gemacht.

Überraschenderweise schien die Hypnose anfangs nicht zu wirken. Die Ursache des Problems war eine negative Erwartungshaltung des Patienten, ausgelöst durch die skeptische Meinung eines anderen Zahnarztes bezüglich der Effektivität von Hypnose als Betäubungsmethode. Dies führte zu einer gesteigerten Aktivität des sympathischen Nervensystems – erkennbar an erhöhtem Herzschlag, verstärkter elektrodermaler Aktivität und verminderter Variabilität des Herzrhythmus –, was auf eine erhöhte Stressreaktion hindeutet.

Nach einer Vertiefung der Hypnose gelang es jedoch, die volle hypnotische Analgesie zu erreichen. Die erfolgreiche Durchführung der Operation war mit einer Verringerung der zuvor genannten Stressanzeiger und einer Erhöhung der Herzratenvariabilität verbunden, was auf eine gesteigerte Aktivität des parasympathischen Nervensystems hinweist. Dieser Fall illustriert, wie stark die Psyche und Erwartungen des Patienten die körperliche Reaktion auf Schmerzbehandlungen beeinflussen können.

Die Implikationen dieser Forschung sind weitreichend. Auf praktischer Ebene zeigt sie, dass Hypnose eine wirksame Betäubungsmethode sein kann, vorausgesetzt, der Patient hat eine positive Einstellung dazu und ist entsprechend vorbereitet. Darüber hinaus betont sie die Bedeutung der Kommunikation im medizinischen Bereich: Negative Meinungen und Erwartungen können buchstäblich den Erfolg einer Behandlung beeinträchtigen. In Zukunft könnte dieser Fall dazu führen, dass Hypnose als alternative oder ergänzende Betäubungsmethode in der Zahnmedizin ernsthafter in Betracht gezogen und die Ausbildung im Bereich der Patientenkommunikation intensiviert wird.

Grundlegende Begriffe und Konzepte

  • Anästhesie: Medizinische Maßnahme zur vorübergehenden Ausschaltung der Schmerzempfindung während medizinischen Eingriffen.
  • Hypnose: Ein Zustand veränderter Aufmerksamkeit und erhöhter Suggestibilität, bei dem das Bewusstsein des Individuums so modifiziert wird, dass es auf Anregungen reagieren kann.
  • Nocebo-Effekt: Ein negativer Effekt auf die Gesundheit, der eintritt, weil der Patient erwartet, dass eine Behandlung oder ein Medikament schädlich sein wird.
  • Sympathisches Nervensystem: Teil des autonomen Nervensystems, der in Stresssituationen den Körper auf Aktivität vorbereitet (“Kampf-oder-Flucht”-Reaktion).
  • Parasympathisches Nervensystem: Teil des autonomen Nervensystems, der für Ruhe und Erholung des Körpers zuständig ist.
  • Herzratenvariabilität: Die Variation in den Zeitintervallen zwischen Herzschlägen. Ein Indikator für die Aktivität des autonomen Nervensystems.
  • Elektrodermale Aktivität: Veränderungen im elektrischen Widerstand der Haut aufgrund der Schweißproduktion, die mit emotionalen Zuständen verbunden ist.

Erfolgreiche Überwindung einer Nocebo-Reaktion durch Vertiefung der Hypnose in der Zahnmedizin

Die vorgestellte Studie untersucht einen bemerkenswerten Fall, in dem ein Patient mit hoher Hypnotisierbarkeit sich einer Entfernung des dritten Molaren unterzog, bei dem Hypnose als alleinige Anästhesiemethode eingesetzt wurde. Der Patient hatte in der Vergangenheit erfolgreich ähnliche Eingriffe unter Hypnose absolviert, doch in diesem Fall trat initial eine unerwartete Nocebo-Reaktion ein, die auf negative Vorinformationen durch einen vorherigen Zahnarzt zurückzuführen war.

Diese Nocebo-Reaktion manifestierte sich durch zwei Beschwerden des Patienten und eine damit verbundene Erhöhung der Sympathikusaktivität, ablesbar an gesteigerter Herzrate und elektrodermaler Aktivität sowie einer verringerten Herzratenvariabilität. Eine Vertiefung der Hypnose führte schließlich doch noch zu einer vollständigen hypnotischen Analgesie und ermöglichte einen erfolgreichen Abschluss des Eingriffs. Diese Veränderung korrelierte mit einer Abnahme der Herzrate und elektrodermaler Aktivität sowie einer Zunahme der Herzratenvariabilität, was auf eine Umkehrung der Balance von sympathischer und parasympathischer Aktivität hinweist.

Die postoperative Selbstauskunft des Patienten bestätigte, dass das initiale Scheitern der Hypnose auf einen starken Nocebo-Effekt zurückzuführen war, der durch die skeptische Haltung und negative Kommunikation eines früheren Zahnarztes über die Wirksamkeit der Hypnose als Anästhesiemethode bei der Entfernung des dritten Molaren verursacht wurde.

Die Ergebnisse dieses Falles verdeutlichen das signifikante Potenzial der Hypnose in der zahnmedizinischen Anästhesie und betonen die Bedeutung der Kommunikation zwischen Zahnarzt und Patient im Kontext der Erwartungsmanagement und der Vermeidung von Nocebo-Reaktionen durch negative Vorinformationen. Sie unterstreichen zudem die Relevanz physiologischer Messungen zur Erfassung der Wirksamkeit und des Erfolgs hypnotischer Interventionen.

Der vollständige Forschungsartikel mit detaillierten Methoden, Ergebnissen und Diskussionen ist zugänglich unter https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/38363817.

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